Sportlich Auslüfteln

Kur & Kür, winters wie sommers

Seit 1954 führt ein Sessellift auf die Bürgeralm. Der "Wintersportplatz" Aflenz mit Abfahrt, Tannenreisspringen und Skimeisterschaften hatte seit den 20ern schon Tradition. Viele Gäste und Einheimische sind sportlich - und nicht wenige davon prominent.

 

 

Winters (auch) der Skisport

Die Wurzeln der österreichischen Skisports liegen unbestritten am Muckenkogel bei Lilienfeld und sind untrennbar verbunden mit Mathias Zdarsky, dem Skilauf-Pionier.

Doch die geistigen Ursprünge des steirischen Skilaufs liegen ganz in der Nähe: hier, in der Hochschwabregion, im Trawiestal nahe Aflenz. Zu Allerheiligen 1890 waren dort zwei erfahrene Alpinisten unterwegs. Das Fortkommen im bereits tiefen Schnee war mühsam. "Breite Schlittschuhe oder kleine Fuß-Schlitten müsste man haben, um zumindest das Talwärtsfahren leichter bewältigen zu können", sinnierten die beiden. Zurück in Graz, geht einer der beiden Bergfexe ins legendäre Café Thonehof in der Herrengasse und stößt dort auf einen sensationellen Artikel. Die London News berichtet über einen "Sport in Norway" und zeigt Bilder von zwei "Nordmannen" auf langen, vorne gebogenen Brettern. Die neue Methode, sich im Schnee rasch fortzubewegen, werde von Bauern und Jägern genutzt, liest Max Kleinoscheg. Der Bergliebhaber, inspiriert von diesen Zeilen, ist kein Unbekannter: Als Neffe des Sektfabrikanten Anton Kleinoscheg war Max Kleinoscheg auch Betreiber einer Zahnradfabrik, mitbeteiligt an der Errichtung der Grazer Schlossbergbahn, Initiator eines Bicycle Clubs und Netzwerker mit guten Verbindungen, etwa zu Peter Rosegger oder Carl Moore.

Kleinoscheg nutzt seinen Kontakt zu einem norwegischen Bankdirektor in Trondheim und erhält so Detailinfos zum "Schneeschuhlaufen". Die Bestellung eines Paars dieser  Skibrettern trifft bereits zu Weihnachten 1890 in Graz ein. Bei den ersten praktischen Versuchen am Ruckerlberg erntet der Vordenker allerdings nur Hohn und Spott vom dortigen flanierenden Publikum. Er findet in den damals noch menschenleeren Hängen des Semmerings eine passendere Location. Dort trifft er auch Toni Schruf, Postwirt aus Mürzzuschlag, der sich schon lange den Kopf darüber zerbrochen hat, wie er im Winter die Wiener/innen aufs Land locken könnte. Er ist Feuer und Flamme für die neuen "Zauberhölzer" aus Norwegen. Obwohl die Magie dieser Hölzer eine ausgefeilte Technik erforderte: Starre Bretter aus Birke oder Esche sowie eine Länge von 3,30 Metern machten jedes Umdrehen zu einem Kunststück. Dennoch: Der steirische Skilauf nahm Fahrt auf. (Quelle u. a. https//austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Damals_in_der_Steiermark/Die_narrischen_Brettelrutscher)

Dieser Geburtsstunde folgte die Obersteiermark als Hochburg des neuen Sports. Ein Forstmeister aus Sankt Lambrecht sorgte für eine wichtige Initialzündung: Der nach Aflenz versetzte Linhart Scheliessnig hatte an der Entwicklung einer Skibindung mitgewirkt. Und als Toni Schruf am 9.3.1895 die Erstbesteigung des Hochschwabs mit Skiern bewältigte, war der Forstadjunkt Linhart sein Begleiter.

Bald erkannte der regionale Tourismus das Potenzial des neuen Wintersports. Schon 1926 wurde der WSC-Aflenz gegründet, dessen  Anfänge im Turnverein Jahn, in der Skiriege Aflenz und im Wintersportausschuss zu suchen sind. WSC-Gründungsmitglieder waren zahlreiche namhafte Aflenzer Bürger (allesamt männlich), deren Namen man in Aflenz heute noch Großteils kennt.

Aflenz etablierte sich rasch als  Austragungsort von Skisprung-Wettbewerben. So wurde bereits 1924 ein erster kleiner Sprunghügel tief im Bürgergraben errichtet. Beim Eröffnungsspringen am Dreikönigstag waren beeindruckende 2.000 Zuschauer vor Ort. Seitdem galt das "Springen um das goldene Tannenreis" als Publikumsmagnet, der jährlich Tausende Wintersport-Begeisterter nach Aflenz brachte. Der zweite Bewerb folgte 1926 auf der  neu errichteten "Dr.-Josef-Mayer-Anlage", näher am Ortszentrum gelegen. DAs goldene Tannenreis gewann der Tagesbeste, während der beste Aflenzer das silberne  Tannenreis erhielt. 1931 stand erstmals ein Aflenzer auf dem Siegerpodest: Franz Pichler.

Die österreichischen Skimeisterschaften des österreichischen Skiverbands wurden 1938 in den Bewerben Abfahrtslauf, Landlauf, Sprunglauf und Staffellauf in Aflenz ausgetragen. Die Abfahrtsstrecke führte von der Bürgeralm über den Jauringgraben nach Jauring und war über fünf Kilometer lang, mit einem Höhenunterschied von 1.000 Metern. Nur zum Sprunglauf waren 6.000 Gäste nach Aflenz gekommen. 1951 trumpfte Helmuth Finding mit dem Tagessieg und dem Schanzenrekord von 65 Metern auf. (Quelle: Dr. Josef Riegler: Aflenz. Geschichte eines obersteirischen Marktes und Kurortes. Selbstverlag Dr. Josef Riegler, Hausmannstätten 1990, S 292-295)

Viele Einheimische waren Sportler - und nicht wenige davon waren oder wurden prominent. So experimentierte der akademische Aflenzer Maler und Bildhauer, Prof. Paul Kassecker, mit Varianten neuer Skibindungen. Er war Bergsteiger, Alpinist, Skifahrer, Besitzer einer lokalen Skischule, Förderer des Aflenzer Tourismus, Grafiker und Illustrator zahlreicher Aflenz-Broschüren.

 

Sommers (auch) das Freibad

Durch die Initiative des ersten Kurausschusses wandelte sich im Jahr 1925 der Naturteich zum ersten Aflenzer Freibad. Erst im Jahre 1953 wurde dieses renoviert und ausbetoniert. Dabei wurden neue, bunte, quadratische Betonplatten verlegt. welche die alten Holzplatten ersetzten und eine etwa drei Meter breite Geh- und Flanierpromenade boten. In der südöstlichsten Ecke verführte ein Drei-Meter-Sprungbrett zum Sprung ins erfrischende und an dieser Stelle bis zu drei Meter tiefe Nass. Ein Ein-Meter-Sprungbrett sorgte für zusätzliche sportliche "Action". Insgesamt bot das Freibad bis zum Generalumbau in den frühen 70er-Jahren eine "hölzerne" Optik - vertreten durch Holzbauten, zahlreiche Umkleidekabinen und einen kleinen Kiosk in der Nähe des jetzigen Kinder-Plantschbeckens. Das alte Kinderbecken befand sich laut Zeitzeugen im Bereich der großen Rutsche, mehr oder weniger im Beckenbereich und war höher gelagert. Insgesamt war der Badebereich größer und tiefer angelegt. 

Die Wasseraufbereitung erfolgte bis in die 60er-Jahre "per Hand" mit Chlorpulver, das regelmäßig in der Früh eingestreut wurde. Chlorgas und Umwälzanlage waren damals noch Zukunftsmusik. Apropos Musik: ein gewisser, damals unbekannter und ziemlich junger Sommerfrischler namens Peter Alexander, so geht die Kunde, spielte des Öfteren mit seinen Aflenzer Freunden auf einem alten Klavier im alten Freibad-Gebäude. Dass Peter Alexanders Mutter ihre letzten Jahre gerne in der Pension Strecher verbrachte, ist eine andere Geschichte. 
Einen weiteren Höhepunkt in den Überlieferungen stellt der morgendliche Krötenfang dar: Mit Milchkännchen oder Fangnetzen wurden frühmorgens um sechs Uhr sowie abends die zahlreichen Kröten eingesammelt. Diese Tiere sowie weitere unerwünschte Wasserbewohner wurden vorwiegend von Kindern "abgefischt" - eines von vielen mehr oder weniger beliebten Ritualen.

 Von den 50er-Jahren war das Freibad mehrheitlich den wohlhabenden Bürgern, Kurgästen und Sommerfrischlern vorbehalten. Den typischen Freibad-Gast gab es danach nicht mehr. Er wandelte sich, ging mit der (Bade-)Mode und mit oder ohne Sonnenbrand nach Hause. Spätestens ab den 60er-Jahren war das Aflenzer Freibad Treffpunkt für alle: Touristen, Tagesgäste, Aflenzer Bürgertum, Angestellte, Arbeiterfamilien, Jugendliche und Kinder aus der ganzen Region. Grüppchenbildung nicht ausgeschlossen - auf den Pritschen, an den Tischen, auf der obersten Ebene (als "Jugendtreffpunkt", damals noch abgeschirmt durch eine dichte Baumreihe) oder beim berühmt-berüchtigten Nachtschwimmen, das zwar verboten, aber mitunter geduldet wurde. (Quelle: Mag. Elke Ferstl: Anekdoten und Zeitzeugen-Berichte anlässlich des 90-Jahr-Jubiläums des Aflenzer Freibads, 2015).

  

Wo du geht oder stehst, wirst du in Aflenz von bester Luft wach und gesund geküsst!

 

Konzept, Text, Illustration LUFTIKUSS-Weg: Mag. Elke Ferst, DI. Gregor Pirker: www.find-magic.at
Web-Texte: Maria Zifko (www.maria.zifko.at), Mag. Elke Ferstl (www.elkeferstl.at)

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